
(altes Luftbild Ri. Westen)
Die oft so genannte Bayerische Riviera in Lindau zeigt noch heute viele Villen am Bodensee-Ufer aus der Zeit um 1900. Ein Stilmix mit ganz eigenem Charme. Die Bäderarchitektur gehört zu den schönsten Ausflugszielen der Region. Der bayerische Adel und das Großbürgertum Lindaus und Münchens, reich geworden im Auslandshandel, ließen an dem knapp sechs Kilometer langen Uferabschnitt von Bad Schachen herrschaftliche Prunkbauten für sich errichten. Viele davon sind kleine Schlösser. Einen großen Anstoß gab 1848 der bayerische Prinz Luitpold, der für sich die „Villa Amsee“ als Sommerresidenz erwarb. Seinem Vorbild folgten bis zum Anbruch des ersten Weltkriegs viele Weitere.
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Die Denkm... schreibt dazu (Original Lü):
(dortige Überschriften sind: Ensemble Hoyrener Bodenseeufer (Bad Schachen), Aktennummer E-7-76-116-2. )
In diesem Bereich (Bad Schachen - Ufernähe, und zum Teil in Aeschach) ist eine vom 19. Jahrhundert geprägte „Lindauer Villenlandschaft“, wie sie vor den einschneidenden Veränderungen des 20. Jahrhunderts (Verluste an Bausubstanz, Parzellierungen der Grundstücke) für das Festlandufer insgesamt charakteristisch war, noch in hoher Dichte und Anschaulichkeit erhalten.
Kern des Ensembles ist der Lindenhofpark mit seinen Bauten und das Gelände des Schachen-Bades mit den Hotel- und Kuranlagen. Mit der Bezeichnung des Ensembles als „Villenlandschaft“ ist über den sichtbaren Zusammenhang von Bauwerk und topographischer Situation hinaus auf das komplexe Phänomen der „villeggiatura“ verwiesen:
- Nicht nur der Stilwandel der Villenarchitektur, auch die unterschiedliche Nutzung und Aneignung der landschaftlichen Gegebenheiten spiegeln die verschiedenen Stufen des Lebens und Wohnens außerhalb der Stadt wider. Die Spanne reicht vom stadtnahen einfachen Sommerhaus des Klassizismus und Biedermeier über schlossartige Landsitze des Spätklassizismus bis zu luxuriösen Villen des späten Historismus. Waren die frühen Landhäuser z. T. noch mit ökonomischen Funktionen verknüpft und die Sommerhäuser bis zur Jahrhundertmitte noch ohne Anspruch auf Repräsentation aufgetreten, so steht die jüngste Villengeneration um die Jahrhundertwende für eine gewandelte Haltung: Die stadtnahe Villa in landschaftlich begünstigter Lage wird zum Dauerwohnsitz repräsentativen Zuschnitts, wobei der ursprüngliche ökonomische Hintergrund des Landlebens in sublimierter Form als Element außerstädtischen Wohnens, der parkartige Garten, einbezogen wird.
Wenn auch die Voraussetzungen für diese Entwicklung – nicht nur in geographischem Sinne – z. T. außerhalb der Grenzen des Ensembles zu suchen sind, so finden sich doch innerhalb des bezeichneten Abschnittes die verschiedenen Züge der Gesamtentwicklung in solcher Verdichtung, dass sich daraus ein exemplarisches Bild für die Villenkultur des 19. Jahrhunderts ergibt.
Eine punktuelle und z. T. nur temporär genutzte Bebauung des Festlandufers außerhalb der alten, schon im Mittelalter von Lindau aus besiedelten Ortskerne von Aeschach, Hoyren und Reutin mit Ansitzen Lindauer Patrizier und mit Niederlassungen des Lindauer Damenstiftes lassen sich bis in das 14./15. Jahrhundert zurückverfolgen. Jedoch bleibt der eigentliche nördliche Uferrand des Obersees bis in das 19. Jahrhundert hinein ein durch Obst und Weinbau primär wirtschaftlich genutzter Bereich. Neben den vereinzelten Ansiedlungen aus reichsstädtischer Zeit – ungebrochene Kontinuität bis in die Gegenwart besitzt lediglich das schon im 15. Jahrhundert als Bad existierende Schachen – lassen sich, abgesehen von den meist mehr im Hinterland gelegenen Gartenhäusern und Ansitzen des 17. und 18. Jahrhunderts, erst um 1800 in einer neuen Phase Ansiedlungen Lindauer Familien auf dem Festlandbereich beobachten:
- In geringer Entfernung zur Stadt entsteht vor allem am flachen nördlichen Ufersaum zwischen der Landtorbrücke und dem Gebiet der ehemaligen Villa Amsee eine Reihe von Landhäusern und Sommervillen. Eine neue Phase der Bautätigkeit setzt um die Jahrhundertmitte ein, eingeleitet mit der Anlage des Lindenhofes unweit westlich des alten Schachen-Bades durch die begüterte Familie Gruber. Das bis 1918 nur zum Sommeraufenthalt der Familie dienende Hauptgebäude errichtete Franz Jakob Kreuter 1842–1845 unmittelbar nach der Rückkehr von einer italienischen Studienreise in einem durch griechische und römische Elemente geprägten späten Klassizismus. Die gleichzeitige Umgestaltung des ehemaligen Gutes zu einem weitläufigen, mit seltenen Gehölzen bepflanzten Park geht auf den Düsseldorfer Gartenarchitekten Maximilian Friedrich Weyhe zurück.
Einen neuen Impuls erhält die Villenbautätigkeit wenig später durch die Ansiedlung des bayerischen Königshauses und der Prinzessin Leuchtenberg östlich der Insel: 1848 erwirbt Prinz Luitpold das Landgut „Villa Amsee“ zu sommerlichem Aufenthalt, 1853 lässt Theodolinde von Leuchtenberg, die Nichte Ludwigs I., in einiger Entfernung zur Stadt am östlichen Ufer die Villa Leuchtenberg in „gothischem Style“ errichten (auch vor Ort bekannt unter dem Namen späterer Nutzer als Schindler-Villa).
Wiederum ein Angehöriger der Lindauer Großkaufmannsfamilie Gruber ist der Bauherr der gleichzeitig in entgegengesetzter Richtung am Westufer entstandenen Villa Alwind.
1862 wird das unmittelbar am Brückenkopf gelegene ehemaligen Stoffelsche Landhaus vom Großherzog von Toscana erworben, der 1876 die fortan so genannte Villa Toscana als Sommerresidenz erbauen lässt. Sie steht am Beginn der dritten, bis zur Jahrhundertwende reichenden Phase der Villenbebauung. Die Mehrzahl der im Ensemble enthaltenen Villen entstammt dieser Epoche des späten Historismus, die hier entstehenden Formulierungen der „Kategorie:Villa“ zeigen ein breites Stilrepertoire, kulminierend in den prunkvollen, reich gegliederten Bauten in Formen der italienischen Spätrenaissance oder im Stil der deutschen Renaissance (Villa Seutter, Villa Wacker).
Trotz der stilistischen und typologischen Unterschiede der im Ensemble enthaltenen Villengenerationen lassen sich gemeinsame Architekturmotive und den Charakter der Villenlandschaft prägende Elemente durchgängig verfolgen. Das zum See hin leicht abfallende Gelände bot zwei Alternativen für die Situierung der Villenbauten. Sie werden entweder in unmittelbarer Ufernähe errichtet oder an exponierter Stelle mit Blick zum See. Die Grundstücke von z. T. beträchtlicher Ausdehnung werden von der Rückseite (Nordseite) erschlossen und haben meist unmittelbaren Anteil am Seeufer im Süden. Im Zuge der veredelnden Umgestaltung des noch bis ins 19. Jahrhundert als Weinanbaugebiet genutzten, mit Weingärtnerhäuschen und Torggeln locker durchsetzten Geländes zu einer wegereichen Parklandschaft mediterranen Charakters wird auch die natürliche Uferzone durch Aufschüttungen, Anlage von Bootshäfen und Seeterrassen künstlich überformt. Charakteristisch für die noch mit teilweiser ökonomischer Nutzung verbundenen Landhäuser der Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Zusammenhang von Wohn- und Nebengebäuden (Ökonomiegebäude, Gärtner- und Dienerschaftswohnungen), der sich bei veränderten Ansprüchen bis in die luxuriösen Villenanlagen des späten 19. Jahrhunderts tradiert hat. Als charakteristische, bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wiederkehrende Architekturmotive verweisen die Belvedere-Türmchen, Turmerker, Terrassen und Balkons auf ein spezifisches Element der Lindauer Villenlandschaft, auf die als Folie wirksame Naturkulisse von See, Inselsilhouette und Gebirgspanorama; umgekehrt erhält die Uferzone beim Blick aus der Entfernung (von der Inselstadt bzw. vom Schiff aus) prospektartige Wirkung. Der Villenlandschaft des Historismus wesentlich zugehörig ist die ästhetische Einbeziehung von geschichtlichen Dimensionen und die Evokation von Stimmungen neben und mit den neu entstehenden Bauten: Der ersten, noch „romantischen“ Phase bis zur Jahrhundertmitte entspricht die staffageartige Eingliederung älterer Überreste in die neuen Baugruppen und Gartenanlagen (Degelstein, Äbtissinnen-Schlösschen), während die zweite Jahrhunderthälfte mehr Stimmungsassoziationen durch bewusste Stilwahl und zitathafte Übernahme von Bautypen zu wecken versucht (Nebengebäude Villa Seuter, Schweizerhaus im Lindenhof-Park).
Mit der Auffächerung der Baugattung „Villa“ in typologischer und stilistischer Hinsicht korrespondiert eine Vervielfältigung der Bauherren- und Grundbesitzverhältnisse. Diese wiederum spiegelt die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wachsende Anziehungskraft für den Zuzug von außen, der durch die verbesserte Verkehrserschließung (1853 Bahnanschluss Lindaus, Gründung der Dampfboot-AG) begünstigt wird. Neben die u. a. in Hoyren und Aeschach begüterten Lindauer Großkaufmannsfamilien treten nun als Bauherren repräsentativer Wohnsitze Fabrikanten, Adelige und Pensionisten, die sich auf Dauer an dem durch die besondere landschaftliche und klimatische Situation ausgezeichneten Festlandsufer niederlassen.
Eine Vervielfältigung der historisierenden Baugestaltung ergibt sich auch durch die Hinzuziehung auswärtiger Architekten. Seiner topographischen Sonderstellung verdankte Lindau bereits seit dem Biedermeier eine gewisse Bedeutung als Fremdenort und Sommerfrische.
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Vergleiche dazu das
Neujahrsblatt []
... des Museumsvereins Lindau bzw. des Historischen Vereins Lindau:
Nr. 50 Hartmann, Lucrezia: Schau an der schönen Gärten Zier. Historische Gartenanlagen und Villen in Lindau, 2010