LZ, 22. September 1969 - aus dem Bodensee-Gymnasium in Lindau
Mal ein richtig lokaler Bericht zur Weltrevolution:
Bild:
Schülerinnen und Schüler des Lindauer Bodensee-Gymnasiums betrachten am Samstag, 20. September 1969, eine der APO-Parolen im Pausenhof der Unterstufe.
doch……
Aus der erhofften „Initialzündung“ wurde vorerst nicht viel.
Immerhin: ein Großteil der Schüler grinste erst einmal.
Der Hausmeister hatte noch vor Unterrichtsbeginn den in einer Schmiererei direkt genannten Direktor über die Werke, die Sachbeschädigung für 20.000 DM Beseitigungskosten, immerhin 10.000 wurden es dann, informiert.
Eine Woche später waren vier Verdächtigte bereits von der Polizei vernommen worden. „Die Polizeibeamten sind überzeugt, dass als Täter zwei Studenten in Freiburg, ein Soziologie-Student in München und die Freundin eines Studierenden in Freiburg infrage kommen (…) Alle drei Studenten haben vor zwei Jahren das Bodensee-Gymnasium verlassen; offenbar aber auch mit einem Zorn auf die Schule…“, so die Lokalzeitung.
- Wir wollten also eine Art Initialzündung liefern, auf dass der Aufstand losbreche in der intellektuellen Hochburg Lindaus, dem BoGy (…)
Wir wollten den Prozess zu einem Tribunal gegen die schwarze Pädagogik an dieser Schule machen, indes, die 1970 erlassene Amnestie für die Studentenvergehen verhinderte dieses.
- Karl Schweizer, Artikel in der LZ vom 10.9.2019
- Provozierende Wandparolen an den Wänden des Bogy
- Fehlt: 11.04.2008 - LINDAU - Der Berliner Mordanschlag auf Rudi Dutschke heute vor 40 ... und gegen den konservativen Rektor Eugen Hümmer bemalten.
- Erste rebellische Schüler am Bodenseegymnasium Lindau: Die 1960er-Jahre zeigten auch dem Lindauer Bodenseegymnasium erstmals …
- Den fulminanten Auftakt dazu lieferte am 19. Juli 1961 die Abitursrede des Dachdeckersohnes Karl Furmaniak im festlich dekorierten Stadttheater. Dieser hatte sich als Schüler umfassende Kenntnisse zur Zeitgeschichte, über die Verfassungen verschiedener Länder, insbesondere der USA, sowie aus den Schriften von Karl Marx angeeignet und als CIS-Reise-Stipendiat der Schule die kämpferische Gewerkschaftsbewegung sowie die rebellischen Ideen der katholischen Arbeiterpriester in Nordfrankreich studiert. Seine von der LZ als „Heustockbrand“ titulierte Rede als Jahresbester* der Oberrealschule hatte das Schulsystem in Deutschland und dessen autoritäre Struktur zum Thema. … Der im Gymnasialjahrgang des nächsten Jahres als ebenfalls kritischer Freigeist bekannte Christof Wolfart durfte dann 1962 die Abitursrede nicht halten.
- Aus: ’Heustockbrand’ in der Knaben-Oberschule“ in Lindauer Zeitung vom 20. Juli 1961
- Gab es Folgen? na ja, eher nicht:
- Der BoGy-Abitursjahrgang 1969/1970 verweigerte im Sommer darauf erstmals eine offizielle Abiturientenverabschiedung durch die Schule und feierte selbstorganisiert teilweise am Degersee.
- Lindaus APO-Organisation*, das „Republikanische Form“, löste sich nach 32 „Forumsmonaten“ im Dezember 1970 auf. Etliche seiner bisherigen Mitglieder mischten sich nun aktiv in Parteien, Kultureinrichtungen und Gewerkschaften ein. *APO stand für „Außerparlamentarische Opposition“
- Eugen Hümmer war seit 1955 Schulleiter. Bis 1975.