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Heimkunft []

Gedicht von []

Friedrich Hölderlin[]

aus: Flora. Teutschlands Töchtern geweiht von Freunden und Freundinnen des schönen Geschlechts. Drittes Vierteljahr. Viertes Vierteljahr. 1802[]

1801[]

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Heimkunft.[]

An die Verwandten.[]

Drinn in den Alpen ists noch helle Nacht und die Wolke,[]

Freudiges dichtend, sie deckt drinnen das gähnende Thal.[]

Dahin, dorthin toset und stürzt die scherzende Bergluft,[]

Schroff durch Tannen herab glänzet und schwindet ein Stral.[]

Langsam eilt es und kämpft das freudigschauernde Chaos,[]

Jung an Gestalt, doch stark, feiert es liebenden Streit[]

Unter den Felsen, es gähnt und wankt in den ewigen Schranken,[]

Denn bacchantischer zieht drinnen der Morgen herauf.[]

Denn es wächst unendlicher dort das Jahr und die heilgen[]

Stunden, die Tage, sie sind kühner geordnet, gemischt.[]

Dennoch merket die Zeit der Gewittervogel, und zwischen []

Bergen, hoch in der Luft weilt er, und rufet den Tag.[]

Jezt auch wachet und schaut in der Tiefe drinnen das Dörflein,[]

Furchtlos, Hohem vertraut, unter den Gipfeln hinauf.[]

Wachstum ahnend, denn schon, wie Blize, fallen die alten[]

Wasserquellen, der Grund unter den stürzenden dampft,[]

Echo tönet unher und die unermeßliche Werkstatt[]

Reget bei Tag und Nacht, Gaben versendend, den Arm.[]

Ruhig glänzen indeß die silbernen Höhen darüber,[]

Voll mit Rosen ist schon droben der leuchtende Schnee.[]

Und noch höher hinauf wohnt über dem Lichte der reine[]

Seelige Gott vom Spiel heiliger Stralen erfreut.[]

Stille wohnt er allein, und hell escheinet sein Antliz,[]

Der ätherische scheint Leben zu geben geneigt,[]

Freude zu schaffen, mit uns, wie oft, wenn, kundig des Maases,[]

Kundig der Athmenden auch zögernd und schonend der Gott[]

Wohlgediegenes Glück den Städten und Häusern, und milde[]

Regen, zu öffnen das Land, brütende Wolken und euch,[]

Trauteste Lüfte dann, euch, sanfte Frühlinge, sendet,[]

Und mit langsamer Hand Traurige wieder erfreut,[]

Wenn er die Zeiten erneut der Schöpferische, die stillen[]

Herzen der alternden Menschen erfrischt und ergreift,[]

Und hinab in der Tiefe wirkt, und öffnet und aufhellt,[]

Wie ers liebet und jezt wieder ein Leben beginnt,[]

Anmuth blühet, wie einst, und gegenwärtiger Geist kommt,[]

Und ein freudiger Muth wieder die Fittige schwellt.[]

Vieles sprach ich zu ihm, denn, was auch Dichtende sinnen[]

Oder singen, es gilt meistens den Engeln und ihm;[]

Vieles bat ich, zulieb dem Vaterlande, damit nicht[]

Ungebeten uns plötzlich befiele der Geist;[]

Vieles für euch auch, die im Vaterlande besorgt sind,[]

Denen der heilige Dank lächelnd die Flüchtlinge bringt,[]

Theure Verwandte, für euch, indessen wiegte der See mich,[]

Und der Ruderer saß ruhig und lobte die Fahrt.[]

Weit in der Ebene wars Ein leuchtend freudiges Wallen[]

Unter der Segeln und jezt blühet und hellet die Stadt[]

Dort in der Frühe sich auf, wohl her von schattigen Alpen[]

Kommt geleitet und ruht nun in dem Hafen das Schiff.[]

Warm ist das Ufer hier, und freundlich offene Thale,[]

Schön von Pfaden erhellt grünen und schimmern mich an.[]

Gärten stehen gesellt, und die glänzende Knospe beginnt schon,[]

Und des Vogels Gesang ladet den Wanderer ein.[]

Alles scheinet vertraut, der vorübereilende Gruß auch[]

Scheint von Freunden, es scheint jegliche Miene verwandt.[]

Freilich wohl! das Geburtsland ists, der Boden der Heimath,[]

Was du suchest, es ist nahe, begegnet dir schon.[]

Und umsonst nicht steht, wie ein Sohn am Wellen umrauschten[]

Thor und siehet und sucht liebende Namen für dich,[]

Mit Gesang ein wandernder Mann, glückseeliges Lindau![]

Eine der gastlichen Pforten des Landes ist dies,[]

Reizend hinauszugehn in die vielversprechende Ferne,[]

Dort, wo die Wunder sind, dort, wo das göttliche Wild[]

Hoch in die Ebene herab der Rhein die verwegene Bahn bricht,[]

Und aus den Felsen hervor ziehet das jauchzende Thal,[]

Dort hinein, durchs helle Gebirg, nach Komo zu wandern,[]

Oder hinab, wie der Tag wandelt, den offenen See;[]

Aber reizender mir bist du, geweihete Pforte,[]

Heimzugehn, wo bekannt blühende Wege mir sind,[]

Dort zu besuchen das Land und die schöne Thale des Nekars,[]

Und die Wälder, das Grün heiliger Bäume, wo gern[]

Sich die Eiche gesellt mit stillen Birken und Buchen,[]

Und in Hügeln ein Ort freundlich gefangen mich nimmt.[]

Dort empfangen sie mich – o süsse Stimme der Meinen![]

O du triffest, du regst langevergangenes auf![]

Und doch sind sie es noch! noch blühet die Sonn' und die Freud' euch,[]

O ihr Liebsten! und fast heller im Auge, wie sonst.[]

Ja! das Alte noch ists! es gedeiht und reifet, doch keines,[]

Wer da lebet und liebt, lässet die Treue zurück.[]

Aber das Beste, der Fund, der unter des heiligen Friedens[]

Bogen lieget, er ist Jungen und Alten gespant.[]

Thörig red' ich. Es ist die Freude. Doch morgen und künftig[]

Wenn wir gehen und schaun draussen das lebende Feld[]

Unter den Blüthen des Baums, in den Feiertagen des Frühlings[]

Red und hoff ich mit euch vieles, ihr Lieben, davon.[]

Vieles hab ich gehört vom großen Vater und habe[]

Lange geschwiegen von ihm, welcher die wandernde Zeit[]

Droben in Höhen erfrischt und waltet über Gebirgen,[]

Der gewähret uns bald himmlische Gaben und ruft[]

Hellern Gesang und schikt viele gute Geister – o säumt nicht,[]

Kommt, Erhaltenden ihr! Engel des Jahres! und ihr,[]

Engel des Hauses, kommt! in die Adern alle des Lebens,[]

Alle freuend zugleich, theile das Himmlische sich![]

Adle, verjünge! damit nichts Menschlichgutes, damit nicht[]

Eine Stunde des Tags ohne die Frohen und auch[]

Solche Freude, wie jezt, wenn Liebende wieder sich finden,[]

Wie es gehört für sie, schicklich geheiliget sei.[]

Wenn wir segnen das Mahl, wen darf ich nennen, und wenn wir[]

Ruhn vom Leben des Tags, saget, wie bring' ich den Dank?[]

Nenn' ich den Hohen dabei? Unschikliches liebet ein Gott nicht,[]

Ihn zu fassen, ist fast unsere Freude zu klein.[]

Schweigen müssen wir oft; es fehlen heilige Namen,[]

Herzen schlagen, doch bleibt die Rede zurük?[]

Aber ein Saitenspiel leiht jeder Stunde die Töne,[]

Und erfreuet vielleicht Himmlische, welche sich nahn.[]

Das bereitet und so ist auch beinahe die Sorge[]

Schon befriediget, die unter das Freudige kam.[]

Sorgen, wie diese, muß, gern oder nicht, in der Seele[]

Tragen ein Sänger und oft, aber die anderen nicht.[]

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